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Mein friedvoller Weg - Teil 3

Aktualisiert: 4. März 2023

Aktuell geht ein Aufschrei durch die (Freizeit-)Reiterwelt. Ausgelöst durch die neue Staffel der Sendung "Die Pferdeprofis". Zur Kritik stehen (vor allem) ein Trainer und seine Methoden. Ich selber schaue diese Sendung seit einigen Jahren nicht mehr und werde mir auch diese Folge nachträglich nicht ansehen. Auch wurde von meinen Kolleg*innen bereits ausführlich Kritik an der Person bzw. Methodik geübt. Was ich in diesem dritten Teil meiner Blogserie beleuchten möchte, ist meine persönliche Entwicklung und zudem meine Gedanken zum Thema Ausrüstung und Gehorsam.

Hier findest du Teil 1 der Blogserie: Mein friedvoller Weg Teil 1

Und hier Teil 2: Mein friedvoller Web Teil 2

Gehorsam um jeden Preis?

Als in 2001 für ein Jahr lang in den USA leben durfte, lernte ich viel über die Körpersprache der Pferde. Dies war für mich eine Welt, die sehr neu war. Denn zuvor war es in meiner Ausbildung hauptsächlich um Reiten gegangen. Jedoch sollte ich erst Jahre später einen noch feineren Blick auf die Bedürfnisse der Pferde entwickeln.


Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich Training und im speziellen Horsemanship nicht grundsätzlich ablehne oder gar verurteile. Aber was für mich im Rückblick die problematischste Phase in meinem Reiterleben war, ist die Zeit der "Gehorsamsschulung" am Boden. Was oft "Spiel" genannt wird, basierte auf der Theorie, dass ich als Mensch über die Bewegungen des Pferdes bestimmen durfte. Folgt das Pferd der Bitte nicht, zum Beispiel weil es meine Frage nicht verstand, wurde der Druck erhöht. Ich sehe mich heute noch in einer Halle stehen, das Pferd vor mir an einem Seil. Es sollte rückwärts von mir weichen, denn das war eines der "Spiele". Als es das nicht tat, fing ich an, immer mehr mit dem Strick zu wedeln. Aus kleinen Bewegungen wurden immer größere und am Ende schlug der Strick dem Pferd rechts und links um die Ohre. Nein, das war natürlich nicht das Trainingsziel. Aber es war, meines damaligen Wissen nach, der Weg zum Ziel. Es sollte in Zukunft nur noch der subtilen Bitte folgen, ohne dass ich Gewalt anwenden musste. Das ist es, was ich mit "Gehorsam um jeden Preis" meine. Ich hatte mein Ziel, das von einem bekannten Trainer vorgegeben wurde. Das Pferd sollte dies unbedingt lernen. Und so brauchte ich viel Druck und Gewalt, um meine Idee in die Tat umzusetzen.


Diese generelle Denkweise zog sich viele Jahre lang durch mein Training. Auch als ich das Strickschleudern nicht mehr praktizierte, waren meine Vorstellungen darüber, was ein Pferd tun und lernen sollte, sehr vorgefertigt. Niemals wäre es mir in den Sinn gekommen, das Pferd selber zu fragen, was es sich wünscht. Doch das sollte sich ändern.



Meine Erfahrungen mit dem Knotenhalfter

Viele Jahre lang nutze ich ein Knotenhalfter für die Bodenarbeit und teils auch zum Reiten. Ich hatte es aus den USA mit nach Deutschland und später mit in die Schweiz gebracht. Selbst als ich bereits um die Sensibilität des Pferdekopfes wusste und die Nervenaustrittspunkte kannte, nutze ich es weiter. Denn mein Pferd schien sich an der Nutzung nicht zu stören. Es wirkte nicht gestresst und reagierte "fein" auf die Signale.


Als ich die kinesiologische Tierkommunikation entwickelte, nutze ich sie zu Beginn vor allem dafür, die Meinungen der Pferde in Bezug auf Ausrüstungsgegenstände in Erfahrung zu bringen. Und so stellte ich mein Pferd vor die Wahl, welches Halfter ihm angenehmer war - Stall- oder Knotenhalfter. Die Wahl fiel ganz eindeutig auf das Stallhalfter. Aber so ganz wollte ich das zu Beginn nicht wahrhaben. Denn ich selber mochte dieses ja so gerne. Also wurde ich noch spezifischer und testete auch diverse Kombinationen von Strick und Halfter aus. Denn ein besonderes Bodenarbeitsseil hatte ich auch aus den USA mitgebracht. Ich fragte also mein Pferd und legte zu einem Punkte auch meine Hand unter einen der Knoten des Halfters. Mein schwerer Strick hing zu dem Zeitpunkt daran, ohne Zug darauf. Und plötzlich wurde mir alles klar. Der punktuelle Druck war enorm. Kein Wunder, reagierte mein Pferd so "fein" auf meine Anfragen. Nach und nach änderte ich meine Ausrüstung. Am Ende landete das Knotenhalfter im Müll und auch das Seil mit dem schweren Karabiner nutzte ich nicht länger.


Es ist in meinen Augen einfach wichtig zu verstehen, wie ein Ausrüstungsgegenstand wirkt und wie es sich für das Pferd anfühlt. So praktisch manches auch erscheint, ist es auf den zweiten Blick nicht zwingend so pferdefreundlich. Aber man kann hier nur schwer pauschale Aussagen machen. So gibt es auch Pferde, die generell keinen Druck auf dem Nasenrücken mögen. Für sie sind gebisslose Zäumungen daher nicht automatisch sanft. Man muss es immer im Detail anschauen und sein eigenes Ego ein Stück weit zurück stellen.



Was möchte das Pferd?

Im Training von Pferden geht es meist vor allem darum, was wir Menschen uns für sie ausgedacht haben. Sie sollen lernen, auf einen Hänger zu steigen, auf unsere Körpersprache zu reagieren und gewisse Trainingsaufgaben zu meistern. Und ich möchte hier richtig verstanden werden - Es macht in meiner heutigen Wahrnehmung durchaus Sinn, wenn man Pferden Bewegungsangebote macht. Denn ebenso wie bei uns, müssen auch sie manches erst erlebt haben, um dann eine entsprechende Meinung darüber zu haben. Aber noch zu viel werden die Wünsche der Pferde ausgeblendet. Möchte dein Pferd sich stolz präsentieren? Möchte es wippen oder mit einem Ball spielen? Möchte es einen Menschen tragen? Diese und viele andere Fragen werden, meiner Beobachtung nach, immer noch viel zu wenig gestellt. Denn wir Menschen haben unsere eigenen Vorstellungen und Ideen. Und wir handeln auch aus dem Ziel heraus, nur das Beste für das Pferd zu wollen. Und solange sich das Pferd nicht groß wehrt, haben wir auch das Gefühl. auf dem richtigen Weg zu sein. Wie mein Beispiel mit dem Knotenhalfter gezeigt hat, kann es aber von Außen betrachtet nicht ganz eindeutig sein, wie sich ein Pferd mit oder bei etwas fühlt.


Und noch ganz wichtig zu beachten ist - Ein ausbleibendes Nein des Pferdes, ist nicht automatisch ein Ja. Viele Pferde wollen oder können nicht mehr so deutlich Nein sagen, wie wir es zum besseren Verständnis manchmal bräuchten.


Natürlich ist es auch so, dass wir über einiges im Pferdeleben entscheiden müssen. Vor allem, was die Gesundheit des Pferdes/Tieres betrifft. Und doch kann die Stimme der Pferde in all diesen Situationen mit einfließen. Dies ist dann möglich, wenn wir Wege der friedvollen Kommunikation finden. Dies ist in erster Linie etwas, was wir Menschen wieder erlernen müssen. Denn all die Glaubenssätze und Ideen, die wir über die Jahre bekommen und entwickelt haben, dürfen nun liebevoll hinterfragt werden. Nein, es geht nicht darum nur noch zweifelnd am Pferd zu stehen. Und auch nicht darum, dass unsere eigene Bedürfnisse keine Rolle mehr spielen. Hierzu empfehle ich dir meine Podcast-Folge "Friedvoll und klar mit Pferden" zu hören. Mir geht es heute vor allem darum, die tiefliegenden Bedürfnisse von Mensch und Pferd zu verstehen. Denn dann kann ein friedvoller Umgang immer weiter wachsen.


Pferde, mit Stufen von erlernter Hilflosigkeit oder anderen Traumata, brauchen entsprechende Therapie, viel Zeit und Liebe, um sich wieder ganz öffnen zu können. Erst dann sind die meisten von ihnen in der Lage, Wünsche und Träume zu äußern.


Es gibt verschiedene Arten, um die Meinung des Pferdes in Erfahrung zu bringen. Die kinesiologische Tierkommunikation ist nur eine Art. Und die Wissenschaft zeigt immer mehr, zu welch kognitiven Leistungen, Pferde in der Lage sind (Unterscheidung von Buchstaben oder auch erkennen von Objekten auf Fotos). Wir dürfen endlich noch mehr anfangen, dies zu berücksichtigen und unsere eigenen Ideen für einen Moment zurück zu stellen um zu erfahren, was sich das Pferd eigentlich wünscht.


Wenn wir auf diese Wünsche eingehen wollen, hat Gewalt keinen Raum oder Berechtigung mehr. Und dann wird es das Format "Die Pferdeprofis" auf die aktuelle Art und Weise wohl nicht mehr geben. Denn dann gibt es kaum noch spektakuläres zu sehen, jedenfalls nicht aus der aktuellen Sicht von einem Fernsehsender. Denn die leisen Töne werden eine große Bedeutung erhalten. Und bevor es an die trainingsbasierte Problemlösung geht, wird erst einmal ganz genau geschaut werden, was sich Pferd und Mensch in der Tiefe ihrer Herzen eigentlich wünschen und brauchen. Doch dafür müssen wir lernen tiefer zu blicken, als nur das oberflächliche Problem und dessen Lösung im Blick zu haben. Dies ist für mich der friedvolle Weg geworden.



Die Reise geht weiter

Meine Reise wird auf jeden Fall weiter gehen. Ob es einen Teil 4 dieser Serie geben wird, wird sich zeigen.


Ich freue mich, dass du mich auf meiner Reise begleitest und vielleicht sogar etwas für dich daraus mitnehmen kannst. In diesem Sinne, wünsche ich auch dir und deinem Tier eine friedvolle Zeit!


 

Mein friedvoller Weg Teil 1 -

Wie alles begann: Mein friedvoller Weg Teil 1

Berührung und Sprache: Mein friedvoller Weg Teil 2



Lerne, dein Pferd besser zu verstehen: Heilsame Tierkommunikation

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